Geschleifte Orte und Grünes Band – Wozu uns die ehemalige Grenze gerade heute mahnt!

Berlin, 11. Oktober 2017, 3. FORUM FriedensBrot

Wenn jeder eine Blume pflanzte,
jeder Mensch auf dieser Welt,
und anstatt zu schießen, tanzte
und mit Lächeln zahlte, statt mit Geld…

Mit diesen Zeilen eines Gedichts von Peter Härtling eröffnet der Vorsitzende des Vereins FriedensBrot e.V. Adalbert Kienle seinen kurzen Bericht am Anfang des diesjährigen FORUMs FriedensBrot in Berlin.

„Jetzt ist es schon zu einer kleinen Tradition geworden“, führt Kienle weiter aus: „Alljährlich wollen wir, heute zum dritten Mal, zu einem FORUM FriedensBrot einladen und über Frieden, Europa, Landwirtschaft, Stadt und Land sprechen… Die bisherigen Gesprächsrunden auf unserem FORUM waren ein wirkliches Erlebnis. Gut, dass wir sie in einem wertvollen Film auf unserer Web-Seite dokumentiert haben, und so soll es heute wieder sein.“

Herzlich begrüßt Adalbert Kienle den Staatssekretär Dr. Hermann Onko Aeikens vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, die beiden bildenden Künstler aus Potsdam, Anne Heinlein und Göran Gnaudschun und unserer bewährten Moderatorin Catarina Zanner vom RBB.

Dr. Aeikens studierte Agrarwissenschaften an der Universität Göttingen und Wirtschaftswissenschaften an der Universität in Berkeley/Kalifornien. 2002 wurde er Staatssekretär im Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt und von 2009 bis 2016 war er dort Minister für Landwirtschaft und Umwelt.

Anne Heinlein und Göran Gnaudschun, mit Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst in Leipzig, haben im Bereich der künstlerischen Fotografie zahlreiche Auszeichnungen erhalten.

Bevor Adalbert Kienle das Wort an Frau Zanner übergibt, führt er das Gedicht von Peter Härtling noch zu Ende:

Wenn ein jeder einen anderen wärmte,
keiner mehr von seiner Stärke schwärmte,
keiner mehr den anderen schlüge,
keiner sich verstrickte in der Lüge,
wenn die Alten wie die Kinder würden,
die sich teilen in den Bürden,
wenn dies „Wenn“ sich leben ließ,
wär’s noch lang kein Paradies –
bloß die Menschenzeit hätt angefangen,
die in Streit und Krieg uns beinah ist vergangen.

Entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze wurden Einzelgehöfte und Ortschaften dem Erdboden gleichgemacht, weil sie das freie Schussfeld gestört haben, schlecht zu bewachen waren, zu nahe an der Grenze lagen. Eindrucksvolle Bilder aus dem Ausstellungs- und Buchprojekt „Wüstungen“ von Anne Heinlein und Göran Gnaudschun werden gezeigt. Das Buch ist die berührende künstlerische Auseinandersetzung mit der Geschichte dieser Grenze, eine Reflexion über die Bedeutung von Heimat und deren Verlust sowie über die Natur, die sich ihren Raum zurückerobert. Dr. Hermann Otto Aeikens, sowie Anne Heinlein (http://anneheinlein.de) und Göran Gnaudschun (http://gnaudschun.de) setzen sich mit der Bedeutung von Heimat und deren Verlust auseinander, über Hoffnungen und Erfolge wie über Zielkonflikte und Auseinandersetzungen.

Eindrucksvoll wird vermittelt, wie die frühere innerdeutsche Grenze zu einem Grünen Band als größtem Naturschutzprojekt Deutschlands verwandelt wurde. Dr. Aeikens hat als Landesbeamter in Niedersachsen und dann als Politiker in Sachsen-Anhalt diesen Prozess miterlebt und aktiv mitgestaltet.

„Agra-Europe“ berichtet am 16. Oktober (Nr. 42) über die Diskussion auf dem 3. FORUM FriedensBrot:

„Einen wachsenden Stellenwert ländlicher Räume in der politischen Diskussion stellt der Staatssekretär im Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Hermann Onko Aeikens, fest. ‚Die ländlichen Räume sind in der großen Politik angekommen‘, sagte Aeikens beim Forum …. Der Staatssekretär rief dazu auf, den verfassungsrechtlichen Auftrag nach Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen ernster zu nehmen und in konkrete Politik umzusetzen. Einem Bundesministerium für ländliche Räume misst Aeikens dabei eine Schlüsselfunktion bei. Eine Voraussetzung dafür habe sein Ressort mit der Bildung einer Abteilung ‚Ländliche Räume‘ geschaffen. Der frühere Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt warnte erneut vor strukturellen Verwerfungen in der ostdeutschen Landwirtschaft. Die wichtige Rolle des Agrarsektors als Stabilitätsanker in ländlichen Regionen werde durch den Einstieg von nichtlandwirtschaftlichen, überregional agierenden Investoren zunehmend untergraben. Der Handlungsbedarf im landwirtschaftlichen Bodenrecht sei dringlicher denn je. Daneben bedürfe es einer Stärkung bäuerlicher Betriebe durch eine gezielte Förderpolitik.

Adalbert Kienle, als auch Dr. Aeikens ehrten das Werk der Potsdamer Künstler Anne Heinlein und Göran Gnaudschun über geschleifte Orte entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze als ‚wichtiges Stück deutsch-deutscher Erinnerung‘. Es sei das Verdienst beider Gestalter, den noch bis Ende der achtziger Jahre von DDR-Organen vollzogenen Abriss von mehr als 100 Einzelgehöften, Weilern und Dörfern sowie die Deportation der Bewohner aus dem Grenzgebiet mit ihrem Buch- und Ausstellungsprojekt ‚Wüstungen‘ künstlerisch aufgearbeitet und in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt zu haben… Die Orte waren dem Erdboden gleichgemacht worden, weil sie das freie Schussfeld beeinträchtigten, schlecht zu bewachen waren oder zu nahe an der Grenze lagen… Aeikens verteidigte in der Diskussion mit den Künstlern und den Forumsteilnehmern die Einrichtung des „Grünen Bandes“ nach der Wiedervereinigung als wichtigen Beitrag zur Sicherung des ‚Tafelsilbers der deutschen Einheit‘ und großartiges Naturschutzvorhaben. Der damalige Ministerialbeamte räumte zugleich ein, dass man bei der Umsetzung des länderübergreifenden Projekts auf dem ehemaligen Grenzstreifen und der erforderlichen Sicherung der Flächen nicht in jedem Einzelfall der Situation der Betroffenen gerecht geworden sei. Dies gelte für Landwirte ebenso wie für frühere Eigentümer von Flächen, auch wenn die gesetzlichen Regelungen einen klaren Rahmen geliefert hätten. Der Staatssekretär leitet daraus die Notwendigkeit ab, bei heutigen Interessenkonflikten zwischen Landwirtschaft und Naturschutz behutsam vorzugehen und nach Wegen für einen Ausgleich zu suchen. Ein solcher Ausgleich sei bei gutem Willen auf allen Seiten in vielen Fällen möglich.“

Der Geschäftsführer des Vereins FriedensBrot e.V. dankt den Diskussionsteilnehmern abschließend, führt mit Bildern kurz durch die Aktivitäten des Vereins im letzten Jahr und lädt, auch das ist inzwischen gute Tradition, die Gäste zu einem Imbiss ein.

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