Reise nach Suchowola, Polen, Gebiet Podlasien vom 30. August bis 1. September 2024

(Ein Reisebericht von Heike Zeller, FriedensBrot-Mitglied, Beraterin, Moderatorin und Inhaberin aHEU – Regionale Vermarktungsstrategien)

Wir machten uns zu sechst auf nach Podlasien – eine wunderschöne Region im Osten Polens, die im Norden an Litauen und im Osten an Belarus grenzt. Im Süden ist die Ukraine nicht weit. Ackerbau, Wiesen, Brachen, Wälder, Wasserläufe und Siedlungen wechseln sich harmonisch ab. Mehrere von uns planen nun zukünftige Urlaube dort.

Wir, das waren:

* Dr. Marion Schenk, Gründungsmitglied und Kern von FriedensBrot.

* Dr. Gibfried Schenk, Gründungsmitglied und Geschäftsführer von Friedensbrot.

Beide hatten die Reise perfekt vorbereitet und erzählten uns auch von ihren sehr interessanten Lebenserfahrungen in Zentral-/Osteuropa.

* Lukas Stede, FriedensBrot-Mitglied, ehemaliger stellvertretender Bundesvorstand beim Bund der Deutschen Landjugend und mittlerweile Eventmanager bei der Bundesstiftung Gleichstellung.

* Dr. Peter Buhrmann, Geschäftsführer des Verbands der Heimvolkshochschulen.

* Philipp Conze-Roos, stellvertretender Geschäftsleiter international der Andreas-Hermes-Akademie, als Polnisch Sprechender am Ende der Reise durch uns ausgezeichnet mit dem „Großen Podlasischen Sprachorden“.

* Heike Zeller, FriedensBrot-Mitglied und Inhaberin von aHEU – Regionale Vermarktungsstrategien.

Philipp Conze-Roos

Vor Ort empfing uns unser Gastgeber Michał Matyskiel, der Bürgermeister Suchowolas, der zusammen mit Gibfried das Programm zusammengestellt hatte und uns auch die ganzen Tage begleitete, teilweise sogar selbst am Steuer des Minibusses saß. Auch seine Frau Beata lernten wir kennen, die in der Nähe Białystoks das Freilichtmuseum samt vieler Events und Kursen zu regionalen Traditionen leitet.

Nach der langen Anreise mit dem Zug beschlossen wir den ersten Tag mit einem gemeinsamen Dinner im Hotel. Wir saßen um einen mit immer wieder neuen köstlichen polnischen Speisen reich bestückten Tisch und tauschten uns sehr offen aus über die politische Lage in Europa und speziell die an der Ostgrenze der EU.

Am zweiten Tag besuchten wir in Okopy die Familie Jerzy Popiełuszkos, des auf brutale Weise zum Märtyrer gewordenen, heilig gesprochenen Solidarnosz-Priesters. Quasi gegenüber seines Elternhauses wird in den nächsten Jahren zu seinen Ehren ein hochmodernes Museum gebaut, das für die ganze Region vermutlich touristische Anreize und Umwegrentabilitäten schaffen wird. Initiator und Motor des Ganzen ist unser Partner Michał Matyskiel.

 

In einem „Zentrum der drei Kulturen“ wird an das Zusammenleben christlicher, jüdischer und muslimischer Menschen in und um Suchowola und deren Kultur erinnert.

Wir fuhren dann nach Tykocin, wo uns unser FriendsBrot-Freund Artur Łajewski empfing und uns den restlichen Tag begleitete. In Tykocin haben jahrhundertelang Juden und Christen friedlich miteinander zusammengelebt. Wir schauten uns die Synagoge an, die das Zentrum der nach Krakau zweitgrößten jüdischen Gemeinde Polens war und heute noch mit sehenswerten Fresken hebräischer Gedichte – geschmackvoll verziert mit Ornamenten – aufwartet. Nach Besichtigung der Ausstellung zu orthodoxen Juden und des kleinen Museums, sahen wir uns die örtliche Kirche an, die früher zu einem Kloster gehörte, sowie das Schloß aus Backstein, das seit 2002 komplett neu errichtet wurde.

Im Anschluß daran fuhren wir an Arturs Arbeitsplatz, den Biebrza Nationalpark. Er präsentierte sich uns im Spätsommer als eine weitläufige Landschaft aus Streuwiesen, Wäldern und vereinzelten raren Vogelarten. Erst beim abschließenden Film im Besucherzentrum verstanden wir, warum Artur, Michael und Gibfried immer wieder auf das Frühjahr verwiesen hatten: Dann nämlich sind die meisten Flächen überschwemmt, die Flora saftig und die Fauna höchst lebendig.

Am dritten Tag brachen wir in der Früh auf nach Südosten nach Kruszyniany. Dies ist ein tatarisches Dorf. Tataren waren nicht nur das kriegerische Reitervolk, sondern sind nach wie vor eine muslimische Minderheit in verschiedenen zentral-/osteuropäischen Ländern. In Kruszyniany leben heute dank des Tourismus vor allem aus Polen und Deutschland wieder ständig tatarische Familien. Etliche kommen aus Białystok zu den muslimischen Feiertagen in ihre Ferienhäuser. Wir besichtigten die hölzerne Moschee – äußerlich einer Kirche ähnelnd – entlang der lebhaften Ausführungen des örtlichen Führers, der auch für Pflege und Instandhaltung zuständig ist. Gleich daneben befindet sich der über Jahrhunderte genutzte muslimische Friedhof.

Auf diesem werden in den letzten Jahren auch muslimische Geflüchtete bestattet, die von Pilzsammlern in den Wäldern an der polnisch-belarussischen Grenze gefunden wurden und identifiziert werden konnten. Daß manche Verwandten immerhin per Streaming bei der Bestattung dabeisein können, ist nur ein sehr kleiner Trost.

Am Nachmittag waren wir in Białousy auf der größten Blaubeerfarm Polens von Jerzy Wilczewski eingeladen. Er selbst fuhr mit uns über seinen beeindruckenden Betrieb, auf einer LKW-Ladefläche, komfortabel mit einem großzügig gedeckten Tisch samt Bänken bestückt. Wir schauten im Packhaus beim Sortieren und Verpacken zu, liefen durch die Mitarbeiterunterkünfte und sprachen mit Arbeiterinnen in der Plantage. Der gesamte Betrieb hinterließ bei uns einen sehr guten Eindruck – alles war persönlich und wertig gestaltet, sehr gepflegt und die Menschen zugewandt.

Am letzten Tag brachen wir früh wieder mit Michał gen Bahnhof Białystok auf, stiegen dort in den Zug nach Warschau, liefen dort während der Umsteigezeit durch die sonnige Innenstadt und kamen schließlich wieder in Berlin an.

Vielen Dank an Marion, Gibfried, unsere großzügigen, sympathischen polnischen Gastgeber und FriedensBrot für diese Reise! Wir alle fanden sie sehr schön und bereichernd. Sie machte auch greifbar, um was es bei FriedensBrot geht und welche Kraft in der direkten Begegnung und Auseinandersetzung von Menschen steckt. Die Transfers und Abende verbrachten wir mit intensiven Gesprächen zum Gesehenen und damit auch zur europäischen und insbesondere agrarischen Politik. An Beata Matyskiels Sorgen vor russischen Angriffen wurde uns beklemmend deutlich, was es heißt, an der Grenze zum undemokratischen Teil Europas zu wohnen. Auch war das polnische Militär in Kruszyniany, einen Kilometer von der belarussischen Grenze entfernt durch die vielen passierenden Militärfahrzeuge klar präsent.

Der schönste Moment der Reise war für mich, als Gibfried in der Blaubeer-Plantage ein ukrainisches Lied anstimmte und die Arbeiterinnen ringsum mitsangen.

 

Bilder: H.Zeller und Dr. G.Schenk

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